2009
(..)Immer wieder kommt man darauf zurück, und es ist gerade ein besonderer Genuß, wenn das Unzusammenhängende und Verschobene plötzlich wieder Zusammenhang und Harmonie bekommt. Die Entwicklung der Renaissance geht grundsätzlich dahin, den Inhalt der Figur immer mehr in eine solche Ansicht zu sammeln. Aber Renaissance bedeutet nur eine Stilmöglichkeit; für den Barock gibt es keine gleiche Verpflichtung, nicht weil er andere Kunst macht. Die eine feste Silhoutte, in dem das Ganze wie in einem goldenen Reif ruht, verliert mehr und mehr an Bedeutung, die Figur spielt in verschiedene Ansichten, der Reiz liegt nicht in einer festgelgeten letzten Formel, sondern gerade in der unverfestigten Ansicht. (..)
aus Heinrich Wölfflin, Wie man Skulpturen aufnehmen soll?, 1951